Irgendwann merken die, dass ich gar nicht so gut bin. Ich bin bestimmt nur durch Zufall an den Job gekommen. Eigentlich hab ich keine Ahnung, ich hatte nur Glück. Wenn du solche oder ähnliche Gedanken von dir selbst kennst, leidest du vielleicht am sogenannten Hochstapler-Syndrom.
Beim Hochstapler-Syndrom sind offensichtlich erfolgreiche und qualifizierte Menschen davon überzeugt, dass ihr Erfolg gar nicht echt ist. Sie schreiben ihren Erfolg nur Glück oder Zufall zu. Sie leiden unter der ständigen Angst “aufzufliegen“. Hier erfährst du, woher das Hochstapler-Syndrom kommt und wie du damit umgehst.
Ich möchte dir dein Beispiel für das Hochstapler-Syndrom aus meinem eigenen Leben geben. Als ich mich nach meinem abgeschlossenen Bachelor-Studium an einer renommierten Universität in England beworben hab, hatte ich nie damit gerechnet, dass ich dort einen Platz bekommen werde. Als ich dann schließlich doch eine Zusage bekam, war ich mir sicher, dass es sich um einen technischen Fehler handeln musste. Als ich dann in der besagten Uni angekommen bin und mich einschreiben musste, war ich immer noch fest davon überzeugt, dass mir die Dame am Schalter sagen wird, das alles nur ein Fehler war. Dem war natürlich nicht so und so studierte ich an der Uni. Aber auch während meines Studiums, kam mir immer wieder dieser Gedanke, dass ich nicht hier sein sollte und das alles nur ein Fehler sein konnte.
Ein bisschen zur Geschichte
Das Syndrom wurde in den 70er Jahren bei Studentinnen entdeckt. Man ging auch lange davon aus, dass nur Frauen das Syndrom haben. Mittlerweile ist man jedoch davon abgekommen und es wird geschätzt, dass um die 70% aller Menschen in ihrem Leben schon mal am Hochstapler-Syndrom gelitten haben. Denn das Syndrom muss sich nicht zwangsweise auf das ganze Leben oder die Karriere beziehen. Es kann auch situativ oder nur in bestimmten Bereichen auftreten.
Wo liegt der Ursprung?
👉 Das Syndrom kann unterschiedliche Ursprünge haben. Der Ursprung kann natürlich in der Kindheit liegen. Wenn uns dort oft gesagt wurde, dass wir etwas bestimmtes nicht können, zweifeln wir später auch eher an dieser Fähigkeit. Auch Stereotype (z.B. Frauen können kein Mathe) können uns beeinflusst haben.
👉 Pluralistische Ignoranz könnte ein andere Ursprung sein. Das heißt, dass wir nur die Erfolge und Fähigkeiten von anderen wahrnehmen. Die Gedanken, die Arbeit und den gesamten Prozess dahinter nehmen wir hierbei nicht wahr. So erscheinen uns andere Menschen viel fähiger, als wir selber.
👉 Auch das miteinander Vergleichen kann dazu führen. Vor allem, wenn wir uns in einem besonders erfolgreichen Umfeld bewegen.
👉 Auch viele Organisations-Kulturen stärken Selbstzweifel. Fehler sind hier oft verpönt und werden deshalb geheim gehalten. Dadurch kann der Druck, den wir uns selber machen enorm steigen.
Ich habe kein Hochstapler-Syndrom, ich kann wirklich nichts!
Wenn du jetzt denkst, dass ist ja alles gut und schön. Bei Anderen trifft das auch sicher zu. Aber ich bin da anders, bei mir stimmt es einfach, dass ich nichts kann. Dann kann ich dich beruhigen. Alleine dieser Gedanke beweist, dass du nicht wirklich eine echte Hochstaplerin bist. Hier möchte ich dich kurz mit dem Dunning-Kruger-Effekt vertraut machen. Hierbei geht es darum, dass Menschen, die noch nicht viel über ein Thema wissen, denken, sie haben schon recht viel Ahnung. Das liegt daran, dass sie noch nicht abschätzen können, was sie alles von dem Thema wissen und was nicht. Erst Menschen die sich genauer mit etwas auskennen, wissen auch, was sie nicht wissen. Das sorgt dann dafür, dass sie oft unsicherer darin werden und denken, dass sie noch ganz am Anfang stehen. Wenn du dir also unsicher bist, kann das schon ein Anzeichen sein, dass du mehr weißt, als du denkst.
Und was soll ich jetzt tun?
Hier vier Punkte, die dir helfen können:
1️⃣ Erstmal kannst du akzeptieren, dass Selbstzweifel (in einem gewissen Maße) etwas gutes sein können. Sie bieten dir die Chance, dich selber zu hinterfragen und zu wachsen. Es ist auch gut zu wissen, dass auch selbstsichere Menschen Selbstzweifel haben. Sie lassen sich nur nicht von ihnen zurückhalten.
2️⃣ Stelle dich deiner inneren Kritikerin. Dafür kannst du dich einfach mal fragen, ob du das, was du dir sagst, auch einer guten Freundin sagen würdest. Genau, vermutlich nicht. Mache dir also bewusst, wie hart du manchmal mit dir umgehst.
3️⃣ Auch kannst du offen darüber reden. Wie schon erwähnt, kann eine Ursache die Pluralistische Ignoranz sein. Um dieser entgegenzuwirken, kannst du offen über deine Zweifel reden. So wirst du nicht nur die Einschätzung von Anderen über deine Fähigkeiten erfahren, sondern auch, womit Andere zu kämpfen haben. Vielleicht findest du dich ja auch da wieder und siehst, dass du gar nicht so allein da stehst.
4️⃣ Feier deine Erfolge. Und damit mein ich auch die Kleinen. Wir tun das leider viel zu wenig. So bekommen wir auch leider das Gefühl, dass wir bisher gar nicht so viele Erfolg hatten.